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Wenn man Bahn fährt hat man immer was zu erzählen!

Der Abschied von London fühlte sich genauso an, wie der von Berlin, zumindest fast. In den letzten Wochen war ich genauso gestresst, besorgt, überwältigt und aufgeregt, wie vor einem Jahr, als ich mich auf die Fremde vorbereitete. Denn Berlin ist in einer gewissen Weise fremd geworden. Natürlich kenne ich nochimmer die Straßen dort und habe Freunde und Familie, doch ich kenne mich nicht so gut aus in Berlin, wie ich es jetzt in London tue. In London war ich auch Tourist, in Berlin war ich das nie. Auch die Menschen haben sich verändert. Ihr habt euch an ein Berlin mit Lea in London gewöhnt und müsst jetzt vermutlich erst mal verdauen, dass ich euch wieder andauernd auf die Nerven gehe.

Eine Sache jedoch war grundlegend anders bei dem Abschied von London. Ich hatte keine Zweifel, ob es der richtige Zeitpunkt war zu gehen. Mir war bewusst, jetzt ist es Zeit, jetzt reichts.

Das wollte ich aber gar nicht erzählen. Ich berichte ja immer gerne von meinen Begegnungen auf Reisen und von den Trubeln mit der Bahn und diese Fahrt bietet so viel Potential und überhaupt gab es hier über meine Hinfahrt drei Einträge, also muss es über die Rückfahrt doch auch mindestens einen geben.

Meine Reise begann ja eigentlich schon gestern Abend, als ich eine E-Mail vom Eurostar in meinem Postfach entdeckte, die besagte, ich solle doch bitte dieses Formular 48 Stunden, bevor ich in Belgien einreiste, ausfüllen, sonst würde mir leider die Einreise verweigert. Das Schönste war, die E-Mail bekam ich 24 Stunden bevor mein Zug in Brüssel einfahren sollte. Es klärte sich dann allerdings relativ schnell, denn sofern man nicht länger als 48 Stunden in Belgien bliebe, hieß es da, bräuchte man das Formular nicht ausfüllen. Das war auch ein Glück, denn den Bahnhof als Bleibe hätten sie vermutlich nicht so lustig gefunden. Auch das 48-Stunden-Vorher-Problem stellte sich als komplett unbegründet heraus, denn sogar noch im Zug sagte eine Durchsage, wer das noch nicht gemacht habe, mache das doch bitte jetzt, in den fünf Minuten, bevor wir in Brüssel eintrafen.

In Brüssel hatte ich dann zwei Stunden aufenthalt, in denen ich mein Hörbuch hörte und auf dem Bahnsteig Wurzeln schlug. Zwanzig Minuten, bevor mein Zug nach Köln fahren sollte, änderte sich die Anzeige: "Dieser Zug fällt heute aus." Na wunderbar. Ich also zur Information, wo schon ganz viele andere genervte Deutsche standen, die sich beschweren wollten. Während ich in der Schlage wartete, kam eine Durchsage: "Der ICE nach Frankfurt über Köln wurde aufgrund technischer Schwierigkeiten gestrichen. Fahrgäste dieses Zuges können jedoch den Zug sowienoch nach Wulinoch (oder so, es war auf jeden Fall niederländisch mit w) fahren und von dort ihre Fahrt fortsetzen." Ich runzelte die Stirn. Wie sollte ich denn von dort meine Fahrt fortsetzen? Ich wollte doch nach Köln. Vor mir in der Reihe standen zwei Jungs, Brüder, ein jüngerer (12?) und ein älterer etwa in meinem Alter. Der jüngere schaute hoch zu seinem Bruder und fragte: "Was?" Der wusste allerdings auch nicht, was er damit anfangen sollte, hatte jedoch meine Verwirrung aufgrund der deutschen Ansage bemerkt und fragte: "Hast du das verstanden?" Ich schüttelte den Kopf und verneinte lachend. Es stellte sich heraus, dass die zwei auch nach Köln wollten und von dort aus weiter nach Hamburg. SIe bekamen eine neue Verbindung, ich eine spätere. Dazu bekamen wir noch einen Stempel, dass wir jeden späteren Zug nehmen dürften und dann warteten wir noch mal zwei Stunden. Ich reservierte mir noch schnell zwei Sitzplätze, um nicht das Risiko einzugehen, am Ende in einem der Züge stehen zu müssen.

In meinem Zug nach Köln saß ich am Tisch einem Mann gegenüber, der mich mit starkem englischen Akzent fragte, was auf der Anzeige über seinem Sitz stände (ggf. freigeben). Wir begannen, uns zu unterhalten und er erzählte mir, er sei grade schon mit dem gleichen Zug nach Brüssel gekommen, sei jedoch aufgrund des fehlenden Formulars nicht nach Großbrittanien gelassen worden, weshalb er jetzt einfach wieder nach Hause führe, an die Deutsch-Schweizerische Grenze. Das sei einfach zu viel Stress, meinte er. Als ich ihm sagte, ich wäre nicht gebürtige Engländerin schaute er ungläbig. Was, er hätte schwören können, ich käme aus süd-ost-England, meinem Akzent nach zu urteilen. Das machte mich schon ein wenig stolz. Wir unterhielten uns eine Weile über dieses und jenes, bis wir irgendwann nur noch aus dem Fenster schauten, wobei ich schlussendlich einschlief. Es war nett sich noch etwas länger auf Englisch zu unterhalten, vorallem weil ich in Köln erst einmal eine Deutschdusche bekam, als mir der Mann bei Ditsch antwortete: "Zwei Bertzeln woll'n se? Datt sin dann eins sechzisch." Willkommen zurück Lea.

Und endlich, endlich war ich im Direktzug nach Berlin. Die Fahrkartenkontrolle kam schon nach knapp fünf Minuten. Die Schaffnerin kontrollierte mein Ticket und erklärte mir, ich dürfe eientlich nicht mit diesem Zug fahren, denn ich hätte ursprünglich einen späteren gebucht. "Aber weil ihr Zug ausgefallen ist, drück ich da jetzt mal ein Auge zu." sagte sie großmütig. Ich stutzte, denn wir waren doch um 18:48 losgefahren und mein ursprünglicher Zug sollte um 17:48 fahren. Wo lag das Problem. Verwirrt fragte ich nach und sie erklärte mir: "Na schaun sie mal: Ih Zug sollte um 17:48 in Köln fahren, wir sind aber schon um 16:48 gefahren." Ich konnte es gar nicht glauben und deutete auf den Bildschirm mit der Zeit: "Aber es ist 19 Uhr." sagte ich, an meinem Hirn zweifelnd. Da bemerkte sie ihren Zahlendreher, entschuldigte sich, stempelte mein Ticket und ging ihres Weges. Und ich schaue jetzt noch die nächsten drei Stunden aus dem Fenster.

Auf ganz bald, ihr Lieben!

 
 
 

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